Dienstag, 30. April 2013

Hamburgs öffentliche Unternehmen und Beteiligungen auf dem Prüfstand!


Auf die Privatisierungswelle folgt nun der gegenteilige Trend. Die Forderung nach Verstaatlichung von Unternehmen wird lauter, zumindest wenn man den Blick auf so manche Bewegung in der Gesellschaft richtet. Finanzielle Belastungen für den Haushalt und wirtschaftliche Risiken für die Stadt werden von Befürwortern der Rekommunalisierung gern ausgeblendet. Privatisierung versus Rekommunalisierung - eine spannende Diskussion!

Welche Beteiligungen an Unternehmen sind tatsächlich von städtischem Interesse und wo könnte privatisiert werden, um wirtschaftliche Risiken für die Stadt zu minimieren?  Werden Unternehmensbeteiligungen mit geringer Bedeutung für die Stadt als machtpolitisches Instrument künstlich von der Landesregierung aufrechterhalten? Der Thematik wollte ich auf den Grund gehen und habe Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis zur Diskussion eingeladen.

Prof. Dr. Michael Bräuninger, Dr. Thomas-Sönke Kluth MdHB und Dr. Andreas Reuß stellen öffentliche Unternehmen auf den Prüfstand und diskutieren unter Moderation von Lothar Hänsch das „öffentliche Interesse“ verschiedenster Beteiligungen.


Die Voraussetzungen für eine staatliche Beteiligung an Unternehmen sind in der Landeshaushaltsordnung Hamburg geregelt: „Die Freie und Hansestadt Hamburg soll sich (…) an der Gründung eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts oder an einem bestehenden Unternehmen in einer solchen Rechtsform nur beteiligen, wenn  ein wichtiges staatliches Interesse vorliegt und sich der angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt (…)“ § 65, Abs. 1, Ziffer 1 LHO.

Wo ist staatlicher Eingriff in den Markt also gerechtfertigt? Dr. Andreas Reuß, ehemaliger Geschäftsführer der Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH, differenziert nach Kategorien. Die Relevanz von Beteiligungen kann in verschiedene Stufen unterteilt werden, und zwar in Daseinsvorsorge z.B. Wasserversorgung, wirtschaftliche Bedeutung für den Standort z.B. HHLA, fachspezifische und strategische Bedeutung für Stadt und Land und in Sonstige, deren Relevanz für die Stadt gering ist. Eine ähnliche Einteilung hatte bereits Wolfgang Peiner, Finanzsenator a.D. aufgestellt. Demzufolge könnten die Beteiligungen  der Kategorie „Sonstiges“ privatisiert werden. Es handelt sich dabei u.a um städtische Betreiber von Hafenrundfahrten oder Betreiber von Fernbusreisen und Busvermietung, die problemlos in privater Hand funktionieren würden.

Dr. Thomas-Sönke Kluth, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bürgerschaftsfraktion, kritisiert insbesondere diese Formen städtischer Beteiligungen, wo die Frage nach dem „staatlichen Interesse“  verneint werden kann.

Langfristig sollte jedes Unternehmen am Markt bestehen können. Aktuelles Beispiel und Sorgenkind ist die HSH Nordbank, die für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein ein enormes finanzielles Risiko birgt und im Wettbewerb mit anderen Banken um die Akquisition von Neugeschäft kaum bestehen kann. Eine Lösung des Problems ist zurzeit nicht in Sicht.

Spannend ist in diesem Zusammenhang die Diskussion um die Rekommunalisierung der Energienetze in Hamburg. Denn eine Volksinitiative fordert den Netzrückkauf von 100%. Zeitgleich zur Bundestagswahl werden die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs über den Volksentscheid abstimmen. Prof. Dr. Michael Bräuninger, Forschungsdirektor am Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut, stellt klar: Die Rekommunalisierung der Netze bietet kaum Vorteile. Sie stellt weder einen Beitrag zur Energiewende dar, noch senkt sie den Strompreis. Die Netzentgelte sind bereits gesetzlich reguliert und für alternative Energien ist eine Zusatzabgabe fällig. Preisanstiege sind also zu erwarten, unabhängig davon, wer die Netze besitzt.

Einig sind sich alle Referenten in einem Punkt: Die Stadt hält immer noch Beteiligungen an Unternehmen, die Haushalt und Steuerzahler unbegründet wirtschaftliche Risiken aufhalsen.

Interessantes Thema. Immer aktuell. Ich werde den Volksentscheid zum Netzrückkauf und die Zukunft der HSH Nordbank mit Interesse begleiten.

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