Städte wie New York, Tokio und London sind Metropolen, die
den Bedeutungsverlust ihres Hafens hinnehmen mussten. Ein Schicksal, das auch
Hamburg bevorstehen könnte. Die Fahrrinnenanpassung der Elbe entscheidet
wesentlich über die Zukunft des Hamburger Hafens und seine Wirtschaftskraft. Bleibt
Hamburg ein industrieverbundener Universalhafen mit einem Schwerpunkt auf dem
Containerumschlag oder entwickeln wir uns zum Museumshafen mit
Gelegenheitsverkehr? Sanierungsbedürftige Brücken, Straßen und Wasserwege und mangelnde Investitionen in Infrastrukturprojekte
beeinträchtigen den Abtransport von Gütern ins Umland. Es fehlen
Milliardenbeträge.
Vortrag und Diskussion fanden im Hamburger Hafen-Klub zum Thema „Hafeninfrastruktur und
Verkehr in Hamburg: Projekte und Finanzierungswege. Die Herausforderungen des
Hamburger Hafens“ statt. Moderiert wurde der Abend von Matthias Soyka, Chefredakteur
der Stadt Land Hafen.


Investitionsbedarf

Auf die hohe Bedeutung der Infrastruktur als Standortfaktor
verweist auch Dr. Jan Wedemeier, Researcher am HWWI in Bremen. Verlässlichkeit
und Planbarkeit sind für Produktions- und Fertigungsketten unerlässlich. Die
Erreichbarkeit eines Standorts per LKW und Schiene ist dabei
wettbewerbsentscheidend. Wedemeier prognostiziert: Die Y-Trasse Hamburg -
Bremen - Hannover wird nicht gebaut. Dabei beinhaltet die Entlastung des
Personenverkehrs Anstiegspotenzial des Güterverkehrs. Mangelnde Standards und differenzierte
Technik führen schon EU-weit zu Beeinträchtigungen. So ist ein westdeutscher
Güterzug bis zu 700 Meter lang, ein ostdeutscher Zug maximal 600 Meter. Es gibt
keinen einheitlichen Lokführerschein, so dass beispielsweise an der polnischen
Grenze der Zugführer ausgetauscht werden muss. Unterschiedliche Stromsysteme
und verschiedene Spurweiten führen zu weiteren Effizienzverlusten. Eine
langfristige EU-Planung „TEN-T“ soll Abhilfe schaffen. Hamburg liegt dabei im
Radius von drei Kernnetzkorridoren, die sich nach Warenströmen ausrichten und
an denen sich die Transeuropäische Verkehrsnetzplanung orientiert. EU
finanzierter Infrastrukturausbau als Heilmittel?
Carsten Willms, verkehrspolitischer Sprecher der ADAC Hansa
e.V. spricht die problematische Situation an, die auch seine Vorredner
andeuteten. Im Bundesverkehrswegeplan kommt Norddeutschland schlecht weg. Es
mangelt an Einigung und Verlässlichkeit. Jede Landesregierung will ein anderes
Verkehrsnetz, setzt neue Prioritäten und stimmt sich nicht mit den Nachbarn in
der Nordrange ab. Dieser Zustand ist maßgeblich für die geringe Unterstützung
von Infrastrukturprojekten durch Bundesmittel.
Willms spricht die wichtigsten Autobahnprojekte an. Verlängerung der A20 bis zur A23, die
Warnequerung, Weiterbau der A26 bis zur B73 und Anschluss an die A1, Verbindung
von A1 und A7. Die Realisierung der Nordvariante der Hafenquerspange hätte die
Willy-Brandt-Straße entlastet. Stattdessen soll die Südvariante ab 2019
realisiert werden. Das Projekt achtspuriger Ausbau der A7 und Deckelung mit
sechsstreifigem Ausbau nach Bordesholm soll bis 2023 fertiggestellt werden, der
südliche Elbtunnel soll bis 2018 realisiert sein. Die Frage lautet „Stau oder
Dauerstau“, denn Hamburg verfügt nicht über eine Umrundungsautobahn wie Berlin,
sondern ist von Autobahnbauarbeiten maßgeblich betroffen.
Dem Hafenentwicklungsplan fehlt die Vision. Doch neue
Finanzierungswege verlangen neue Denkansätze. Wenn Gebührensysteme wegfallen,
weil der Hamburger Hafen ohnehin schon ein teurer Hafen ist, und ein Anstieg
von Bundes- und EU-Mitteln schwer zu erkämpfen ist, müssen wir in Norddeutschen
Dimensionen denken und Vergleiche heranziehen. 70% des Flughafens werden durch
Non-Aviation-Activities finanziert. Flughafen finanziert Flughafen also doch
ein Ansatz, der auf den Hafen übertragbar wäre? Ist die Ansiedlung transportaffiner Industrien in Hafennähe, wie
das Mercedes Benz Werk am Bremer Hafen, die Lösung? Oder bedarf es strikt einer
Neuformierung der hochdefizitären Hamburg Port Authority?
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